Bevor ich damit begann, hier über mein Leben mit Diabetes zu schreiben, habe ich mir auch Gedanken darüber gemacht, wie ich sprachlich mit dieser Krankheit umgehen will. Es gibt nun mal Bezeichnungen und Redewendungen, mit denen wir nur so herumschleudern, ohne deren wirkliche Bedeutung zu sehen. Das merke ich hier beim Schreiben, aber vor allem jeden Tag beim Reden. „Diabetiker“ geht nun mal leichter von den Lippen als „Person mit Diabetes“. Und doch stört mich der Begriff immer mehr. Bin ich „Diabetiker“?
Mich macht doch noch viel mehr aus als nur diese dämliche Krankheit, die ich mir nicht mal selbst ausgesucht habe. Mein Körper fängt also irgendwann einfach so an, die eigenen Betazellen zu zerstören. Und von da an bin ich nur noch eines: Diabetiker. Stempel drauf. Ab in die Schublade. Und das auch noch für den Rest meines Lebens? Nee, echt nicht.
Klar bin ich laut Duden Diabetiker. Ich bin aber auch Mensch. Und Studentin, Weltenbummlerin, Genießerin, Freundin, Serien-Freak, Hobby-Fotografin, Überzeugungstäterin, Lippenstift-Sammlerin, Bloggerin. Und noch viel mehr.
Und schon mal gar nicht bin ich das alles „trotz“ Diabetes. Ich freue mich, dass man in den Medien immer mehr über Diabetes liest. Umso mehr, wenn es auch mal um Typ 1 geht. Doch wenn ich dann von Menschen lesen darf, die „trotz Diabetes“ erfolgreich, sportlich, glücklich sind, schlägt die Freude meist um. In meinen Augen ist dies genau die falsche Einstellung. Ich reise, schlemme, arbeite und studiere „mit“ und nicht „trotz“ Diabetes. Ich unterschätze diese Krankheit nicht. Mir ist bewusst, dass sie immer da ist und immer da sein wird. Trotzdem will ich sie nicht als ständiges Hindernis sehen, unter dem ich leide. Und deshalb will ich sie auch nicht so darstellen. Sprache manifestiert die Realität. Das bedeutet auch, dass wir an der Realität mitbestimmen können.
Ich werde bestimmt niemandem an die Gurgel gehen, der mich als „Diabetiker“ bezeichnet, oder davon spricht, was ich alles „trotz“ dieser Krankheit auf die Reihe bekomme. Und mir selbst werden solche Worte sicherlich auch noch viele Male über die Lippen kommen. Aber ich sehe uns eben nicht einfach als „Diabetiker“. Und deshalb will ich nicht so sprechen oder schreiben. Wie Tine von i can eat everything zu diesem Thema auch schon ganz richtig geschrieben hat, müssen wir bei uns selbst anfangen. Wir müssen uns selbst zu allererst als Menschen sehen und ernst nehmen. Wir werden nicht vom Diabetes definiert, sondern er ist Teil von uns, Teil unseres Lebens. Nicht weniger, aber eben auch nicht mehr. Und genau so sollten wir auch kommunizieren.
Wie seht ihr das? Ich bin gespannt auf eure Kommentare!