In letzter Zeit bekomme ich immer wieder Fragen dazu, warum ich das Freestyle Libre momentan nicht mehr benutze. Schließlich waren das Libre und ich jahrelang unzertrennlich. Tatsächlich hat kaum ein Produkt mein Leben mit Diabetes so sehr umgekrempelt wie das Freestyle Libre. Über drei Jahre habe ich es benutzt und zwar aus voller Überzeugung. Doch momentan entspricht es einfach nicht meinen Bedürfnissen. Aber vielleicht gibt es Hoffnung für die Zukunft?
Ich kann mich noch so gut an den Moment erinnern, in dem ich das Freestyle Libre zum ersten Mal in den Händen hielt. Nachdem im Sommer 2014 fleißig die Werbetrommel gerührt wurde, konnte ich (wie viele von euch) den Verkaufsstart kaum erwarten. Endlich war es dann so weit. Ich wohnte damals noch in Schottland – hatte mir das Starter-Set aber über die deutsche Website gekauft. Das war auch gut so, sonst wäre ich in den kommenden Monaten der Aufnahme-Stopps und Lieferschwierigkeiten wohl dauerhaft an den schottischen Account gebunden gewesen. Jedenfalls lag das Paket einige Tage bei mir zu Hause, bis meine Mutter zu Besuch nach Edinburgh kam und das Päckchen mitbrachte.
Mein erster Sensor – November 2014
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Happily ever after?
Vom ersten Scan an hatte sich mein Leben mit Diabetes wirklich vollkommen verändert. Ich habe mich mit dem regelmäßigen blutigen Messen immer schon sehr schwer getan. In den „dunklen Jahren“ nach meiner Diagnose habe ich so gut wie nie gemessen. Gespritzt habe ich immer – aber eher nach Gefühl. In meinem Kopf konnte ich das Spritzen nicht weglassen, das Messen aber schon. Nach einigen Jahren fand ich dann doch irgendwie meinen Weg. Ich schaffte es, wieder regelmäßiger zu messen und meinen Diabetes wirklich in die Hand zu nehmen. Doch schwer fiel es mir noch immer.
Durch das Freestyle Libre wurde das umständliche und schmerzhafte Fingerpieksen und Teststreifenrumgehampele durch einen einfachen Knopfdruck und eine Handbewegung abgelöst. Was für eine Erleichterung!
Dann kam die Hypowahrnehmungsstörung
Ein paar Jahre später war das Scannen für mich zur absoluten Normalität geworden. Natürlich wusste ich es noch immer zu schätzen, aber das Scannen ging schnell in Fleisch und Blut über. Und irgendwann… tja – da reichte es nicht mehr.
Seit nun etwa einem Jahr häufen sich die Situationen, in denen ich lässig nebenbei meinen Glukosespiegel checke und feststelle, dass ich deutlich unterzuckert bin. Und nichts davon gespürt habe! Einige von euch kennen das sicherlich: Unfassbar gruselig und erschreckend!
Solche Momente wurden immer häufiger. Irgendwann stand ich mit meinem Freund bei IKEA an der Kasse – anscheinend war ich mal wieder besonders knatschig. Er witterte etwas und bat mich mehrfach, doch bitte bitte bitte meinen Blutzucker zu checken. Ich weigerte mich, denn ich war sicher, bei über 200 mg/dl zu liegen und wollte diese Zahl einfach nicht auf dem Display sehen. Irgendwann hab ich dann doch auf ihn gehört und sagenhafte 30 mg/dl gemessen. In dem Moment wurde mir klar, dass ich ein Problem habe.
Alarme müssen her!
Ich stellte also fest, dass mir beim Libre dann doch die Alarmfunktion fehlt. Jahrelang hätte ich sie zwar immer wieder gerne gehabt, nun aber brauchte ich sie wirklich. Dringend. Also machte ich mich ans Testen, um ein für mich passendes System zu finden.
Mittlerweile gibt es verschiedene Möglichkeiten, das Freestyle Libre mit Alarmfunktionen zu versehen, z.B. der BluCon von Ambrosia und der Miao Miao. Über meine Erfahrungen werde ich sicherlich noch mal ausführlicher berichten. So viel vorab: Ich bin nicht komplett überzeugt.
In den letzten Monaten habe ich mich also kreuz und quer durch verschiedene CGM-Systeme getestet. Eine Freundin gab mir ihr Medtronic Enlite System, Dexcom ließ mich den G5 testen und momentan trage ich bereits den Dexcom G6 und bin sehr zufrieden damit. Allerdings habe ich durch diese Tests auch noch einmal ganz deutlich die Vorteile des Libre vor Augen geführt bekommen. Das Setzen: So einfach und unkompliziert. Der Sensor: So klein und flach.
Aber man kann ja nicht alles haben. Oder vielleicht doch? Zumindest irgendwann!
Das Libre mit Alarmfunktion?
Denn auch bei Abbott selbst geht es voran. Schon im letzten Jahr las man über die Zusammenarbeit zwischen Abbott und Bigfoot Biomedical, bei der mit Hilfe einer „nächsten Generation des Freestyle Libre“ ein System zur automatischen Insulinabgabe herauskommen soll. Dazu muss das Libre dann logischerweise über die klassischen CGMS-Funktionen verfügen. Wann all das auf den Markt kommt, ist jedoch noch offen.
#DXDublin
Im Juli durfte ich gemeinsam mit einigen Bloggerkolleginnen und -kollegen auf Einladung von Abbott nach Dublin reisen (Berichte findet ihr zum Beispiel auch bei Sascha und Kathy). Neben den vielen tollen Kontakten, die ich hier knüpfen konnte, und dem vielseitigen Workshop-Programm, welches ich zumindest teilweise sehr inspirierend fand, war das Highlight für mich der Programmpunkt „Abbott Update“. Hier haben wir gemeinsam die Erfolgsgeschichte des Freestyle Libre Revue passieren lassen, uns aber auch kritisch mit der aktuellen Situation (Stichwort: Lieferengpässe) auseinandergesetzt.
Copyright Abbott / Iain White – Fennell Photography
Abbott hat mit diesem Produkt die Diabetes-Welt Schritt für Schritt erobert, sich dabei aber immer wieder übernommen bzw. wirtschaftliches Wachstum über die Bedürfnisse der Patienten gestellt. Zumindest ist das meine Einschätzung. Denn immer wieder kommt es zu Lieferengpässen, die dazu führen, dass nicht einfach nur keine Neukunden aufgenommen werden, sondern auch dazu, dass Bestandskunden keine Lieferungen bekommen und auf ihre Sensoren warten.
Das nimmt Abbott nicht auf die leichte Schulter – so viel wurde in Dublin deutlich. Aus wirtschaftlicher Sicht ist eine so hohe Nachfrage natürlich ein tolles Zeichen. Doch es wurde betont, dass man diese Situation alles andere als erfreulich findet und man alles daran setzt, die Lieferengpässe zu überwinden: „Wir reden hier schließlich nicht von iPhones, sondern von Medizinprodukten, die für das Leben unserer Kunden enorm wichtig sind. Das wissen wir!“.
Tatsächlich ging man noch einen Schritt weiter und ließ uns Blogger in die heiligen Hallen der Produktion. Über die Details darf ich hier nicht berichten, da ich für die Besichtigung der Produktionsstätte eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnen musste. Doch so viel kann ich sagen: Es wird unter Hochdruck gearbeitet und wirklich 24 Stunden am Tag produziert, um der Nachfrage hinterherzukommen. Abbott hat hiermit ein klares Signal gesetzt und ich freue mich über solche Transparenz. Ich hoffe, dass aus den Fehlern der Vergangenheit wirklich gelernt wurde, nun der Patient an erster Stelle steht und weitere Lieferengpässe ausbleiben werden.
Der Blick nach vorne
Doch zurück in die Zukunft: Denn neben der aktuellen Lage gab es in Dublin natürlich auch einen Ausblick auf das, was da bald kommen soll. Wir hatten die Gelegenheit, den Entwicklern unsere Fragen zu stellen und natürlich schnellte meine Hand gleich nach oben: Wird es Alarmfunktionen geben? Die Antwort war klar: Ja. Aber wann? Keine Aussage. Diese Infos waren so aufregend wie unbefriedigend. Man hält sich wirklich noch sehr bedeckt. Manche Sätze klangen so, als sei die nächste Generation des Freestyle Libre noch Jahre entfernt. Manchmal klingt es so, als sei sie gleich um die Ecke.
Gerade momentan häufen sich die Gerüchte. Vielleicht ist es wirklich nicht mehr so lange hin? Ich bin jedenfalls gespannt, wann es endlich so weit ist und wie das Gerät dann im Detail aussehen und funktionieren wird. Bis dahin heißt es: Abwarten!
UPDATE:
So schnell kann es gehen – das Freestyle Libre 2 ist da und hat die CE-Zertifizierung erhalten. Es soll noch in den kommenden Wochen auf dem deutschen Markt eingeführt werden. Mehr Infos findet ihr hier.
Einen ersten Blick auf das System erhascht ihr im Video:
11 Comments
Marco
4. November 2018 at 19:44Ich finde den FSL echt klasse. Eine wirkliche Erleichterung. Auf den FSL2 bin ich ebenfalls gespannt. Angeblich soll Bluetooth direkt im Sensor verbaut sein. Damit wäre das Gerät ein CGM.
https://www.diabetes-kids.de/artikel/freestyle-libre-2-von-abbott-mit-optionalen-real-time-alarmen-sichert-sich-ce-kennzeichen-fur-europa-5693
Jahresrückblick 2018 - PEP ME UP Diabetes Blog
3. Januar 2019 at 21:31[…] Ein richtiges CGM musste her. Also testete ich mich kreuz und quer durch die Welt der Alarme, sagte Adieu zum Freestyle Libre und Hallo zum Dexcom […]
Jörg
4. Januar 2019 at 18:53Moin, moin!
Bin jetzt seit knapp einer Woche stolzer und zufriedener Besitzer eines FreeStyle Libre 2 und wurde heute – während eines Gesprächs mit einem Kollegen – ohne zu messen – durch mein Gerät gewarnt, dass ich in den unteren Bereich wandere (den ich meinen eigenen Wünschen entsprechend als Grenze auf dem Gerät gewählt habe).
Vorgestern ebenso: ich komme aus der Kantine zurück (Indisches Reisfleisch), setzte mich auf meinen Stuhl und auf einmal piepst mein Gerät (liegt auf dem Schreibtisch) und gibt mir zu erkennen, dass ich wohl ein wenig viel gegessen habe und Insulin nehmen muss, da ich – wortwörtlich – schon auf 200 bin.
Das neue Gerät kann also außerhalb der von mir gesetzten Grenzen auch warnen, sobald Sensor und Gerät zusammen „in der Nähe sind“.
Steffi
17. Februar 2019 at 10:44Super, freut mich, dass dir das FSL 2 so gut gefällt! 🙂
Freestyle Libre - Erfahrungsbericht - PEP ME UP Diabetes Blog
24. Februar 2019 at 20:36[…] Im Sommer 2018 habe ich mich vom Freestyle Libre verabschiedet – weil mir aufgrund einer Hypowahrnehmungstörung die Alarmfunktion fehlte. Deshalb nutze […]
Holger Hanke
24. Juli 2019 at 10:01Guten Tag, ich habe mich entschlossen vom Freestyle Libre Abstand zu nehmenda ich in letzter Zeit ständig Probleme mit den Messergebnissen habe. Die Werte liegen zu niedrig was man erst durch entsprechend Bluttests mit Streifen sieht. (Abweichungen tatsächlicher Wert 10 gemessener Wert mit sensor 5 o.ä.. Ich habe das bei Abbott gemeldet aber den Eindruck gewonnen das wissen die und wollen es unter die Decke kehren. Ersatz wird auch nicht gestellt. Antworten auf Mails kommen auch nicht. Warum soll ich 30 € zuzahlen wenn ich dann doch immer wieder zur Sicherheit per Streifen nachmessen muss? Gibt es Andere welche ähnliche Erfahrungen haben? Was auch auffällt Wartezeiten an der Hotline mit gestoppten 31 Minuten gehts noch? Grüsse Holger
Walter
26. Juli 2019 at 16:27Ich bin sehr erstaunt über die hier geäußerte Zustimmung zum Libre 2. Ich habe bisher 4 Sensoren Typ 2 benutzt und alle lieferten irreale Werte. Im Vergleich zu Teststreifenmessungen min. +/- 40 mg/dl Differenz! ich hatte ständig nur Alarme für Unter- oder Überzuckerungen, die sich dann überhaupt nicht bestätigten. als erstes war ich letztlich gezwungen, die Alarme abzuschalten, um meine Ruhe zu haben. Schließlich will mann nicht für BZ 100 mg/dl mitten in der Nacht geweckt werden, weil der Sensor 70 daraus macht.
Der Stromverbrauch des Lesegerätes ist im Vergleich zum Typ 1 höher (oder der Akku schwächer). Typ 1 lief bei mir 2 Wochen ohne Laden – Typ 2 schafft gerade 3 Tage!
Ich gehe jetzt wieder auf Typ 1 zurück, bei dem die Sensoren in letzter Zeit bei mir deutlich besser (aber selten exakt) arbeiteten.
Zu erwähnen ist auch noch, dass die Hotline, die früher sehr gut fast ohne Wartezeit, lief heute davon ausgeht, dass man gern ca. 1 Std. die Warteschleifenmusik hört. Es gibt wohl da massenhaft Beschwerden über das Libre 2.
Auf eine Reaktion auf meine schriftliche Beschwerde (Einschreiben mit Rückschein) warte ich jetzt bereits über 1 Monat !!!
Sobald es eine Alternative gibt, wird Abbott wohl viele Kunden verlieren.
Matthias
11. August 2019 at 13:21Hallo Holger,
aus diesem Grund habe ich mich auch von Freestyl Libre verabschiedet. Falsche Werte werden angezeigt. Die Sensoren gehen vor Ablauf der zugesicherten Zeit kaputt. Früher gab es da kostenlosen Ersatz. Das ist jetzt nicht mehr so. Auf Beschwerden bekommt man wirklich hochnäsig verfasste Antworten, man wird so hingestellt, als wenn man zu dumm zum Messen wäre oder sich neue Sensoren erschleichen will. Für mich ist diese Firma ein für alle mal unten durch, da kaufe ich nie wieder Produkte.
Wilfried
8. September 2019 at 8:52Dänke für die Website und die Aktivitäten.
Mich hat es mit 56Jahren vor 4 Jahren ereilt, das Typ1-Monster. FSL1 war ein Lichtblick.
Die Hoffnung, das für FSL1 die Lieferengpässe der bis dahin funktionierenden Sensoren überwindet hat sich bewahrheitet. Leider ist seitdem die Qualität im Keller. Nacheinander sechs! Sensoren machten nicht das was sie sollten. Von Totalausfall bis zu permanent abfallenden Werten bis LO in Bezug auf die blutige Messung ist alles dabei was man an Fehlern „produzieren“ kann. Selbst Abweichungen zwischen Lesegerät und Smartphone sind möglich. Ohne das eigene Körpergefühl hätte ich schon oft zum Traubenzucker gegriffen. Fälschlicherweise, und zum Glück eben nicht. Die Hotline von FS ist hoffnungslos überfordert und scheinbar auch auf Abwimmeln mit fantasievollen Begründungen getunt.
Nun muss was Neues her. Aber so richtig sicher bin ich nicht, schließlich will man das System nicht jeden Tag wechseln.
Ich werde vermutlich auf Dexcom setzen.
Bernhard Weiand
15. September 2019 at 18:43Hallo Winfried!seit mehr als zwei Jahren benutze ich das Freestyle lobte System, mit dem ich anfänglich zufrieden war,obwohl ich bei fast jedem dritten Sensor einen „Blindgänger“ hatte,die jedoch anstandslos ersetzt wurden.Aber was ich jetzt erlebt habe,spottet jeder Beschreibung.Versuch die Hotline anzurufen,stellte ich nach fast einer Stunde ein.Bandansage „ Ihre Wartezeit beträgt weniger als eine Minu!e! Ein absoluter Hohn. E-Mails und Briefe werden einfach nicht beantwortet,was sind das für Geschäftgebaten?Das Unternehmen sitzt als Alleinanbieter scheinbar auf einem so hohen Ross ,dass der Servicegedanke keine Rolle mehr spielt. Werde leider wieder zur blutigen Methode zurückkehren müssen, bis eine Konkurrenz auf den Markt kommt🤬
Holger
17. Juli 2020 at 15:17Hallo Zusammen,
die Beiträge sind zwar schon alle eine Weile her, aber die letzten 4 spiegeln genau das wieder was mir zur Zeit widerfährt. Seit Ende Februar benutze ich jetzt Libre 2 und es funktioniert fast nur jeder zweite Sensor. Mal sind die Werte zu hoch, beim nächsten zu niedrig. Dann kommt der Sensorfehler 373 immer wieder, aber kurz vor Ablauf der Zeit, wo man ihn nach Ablauf der Hotlinie entfernen könnte geht er wieder. Ich bin durch dieses Hin und Her der Werte komplett durcheinander und vertraue dem System nicht mehr. Ich war anfangs sehr überzeugt und hätte es jedem empfohlen, habe noch bei der Krankenkasse diskutiert und letztlich eine Bewilligung erhalten, aber jetzt ….
Die Hotlinie hat immer andere Gründe mir unterbreitet und von 5 Sensoren mir nur 2 ersetzt. Es wird nur alles mögliche abgefragt und in ein Schema eingegeben, was dann einen Austausch bewilligt. Bei normalen Geräten hat man auch Gewährleistung, aber hier anscheinend nicht. Ich bin doch nach fast 3 Jahren vorher mit dem Libre nicht auf einmal zu blöd den Sensor anzubringen. Hab mir extra ein neues Smartphone gekauft, um das Lesegerät nicht mehr mitnehmen zu müssen. Das soll auf einmal nicht aktuell sein. Ich komme vor lachen nicht in den Schlaf.
Es hat sich also offenbar nix geändert seit September 2019. Ich bin auch am überlegen, ob ich nächstes Jahr ein anderes System mir verschreiben lasse.