#DBW Abgabe-Tag: Diabetes? Kannste haben!

Blogwoche

Es geht wieder los. Nach zwei Jahren Pause startet heute endlich wieder eine Diabetes-Blog-Woche. Was das bedeutet? Eine Woche lang gibt es jeden Tag ein neues Thema, zu dem viele verschiedene Blogger einen Beitrag schreiben. Jedes Thema wird also von verschiedenen Perspektiven beleuchtet – das finde ich immer wieder spannend. Deshalb ein großes Dankeschön an Sascha, Sassi und Ilka, die die diesjährige Blogwoche organisiert haben!

Ich werde es wohl nicht schaffen, an jedem Tag einen Post zu veröffentlichen. Aber der ein oder andere Post dürfte drin sitzen und das Tolle ist ja gerade, dass noch viele andere mitmachen und es so unheimlich viel Lesestoff gibt! Alle Infos und Posts findet ihr hier.

Diabetes Blog Woche

Heute starten wir also – und zwar mit dem Thema „Abgabe-Tag: Wem würdet ihr einen Tag lang euren Diabetes geben und warum? Wem würdet ihr gerne mal zeigen, wie es ist Diabetes zu haben?“.

Meine Antwort ist eindeutig: Ich würde meinen Diabetes liebend gerne meinem Freund Timo anvertrauen. Timo und ich sind seit über neun Jahren ein Paar. Ganz ähnlich wie auch ich und der Diabetes. Denn wir hatten uns eigentlich gerade erst kennengelernt und waren gerade frisch verliebt, als im Juni 2009 die Diagnose kam. Timo war also von Anfang an mit dabei und spielt auch heute eine große Rolle in meinem täglichen Diabetes-Management. Er unterstützt, erinnert und motiviert mich, wann immer er kann und hat so mittlerweile ohnehin schon ganz schön viel mit meinem Diabetes am Hut.

Warum will ich den Diabetes also ausgerechnet ihm andrehen? Es gibt für mich drei gute Gründe, den Diabetes mal kurz bei Timo in die Betreuung zu geben:

Wirklich mal Pause vom Diabetes machen? Das wär’s!

Der erste Grund ist purer Egoismus: Weil ich einfach mal eine Auszeit gebrauchen könnte. Es. Ist. Einfach. So. Anstrengend. Auch wenn ich immer mal wieder eine kleine Verschnaufpause einlege und versuche, den Diabetes auszublenden – er ist ja trotzdem einfach immer da. Und auch wenn ich ihn ignoriere und mich nicht um ihn kümmere, dann muss ich eben mit den Konsequenzen leben. Das belastet! Nach mittlerweile neun Jahren wäre es echt toll, wenn jemand anders mal kurz das Steuer übernehmen würde.

Talent für Diabetes?

Zweitens: Ich bin mir zu 100% sicher, dass Timo den ganzen Kram eh viel besser hinbekäme als ich! Dieser Gedanke kommt mir tatsächlich immer mal wieder, wenn ich mit ihm über mein Diabetes-Management spreche: Ich glaube, dass Timo fantastisch mit Diabetes umgehen könnte.

Timo ist viel disziplinierter, organisierter und strategischer als ich. Er ist nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen, macht keinen Fehler zwei mal und hat immer eine Lösung parat. All diese Eigenschaften sind im Diabetes-Management definitiv hilfreich und ich bin überzeugt, dass er die Sache gut im Griff hätte!

Ich wünsche es ihm!

Der dritte Grund ist auf den ersten Blick vielleicht etwas seltsam, aber ich meine das wirklich ernst: Ich wünsche es ihm!

Natürlich wünsche ich den Diabetes erst einmal niemandem an den Leib – und schon gar nicht meinem Auserwählten! Denn egal wie gern ich mal eine Pause hätte und ganz gleich wie gut er vielleicht damit zurecht käme – Diabetes ist und bleibt scheiße! Wie könnte ich jemandem, den ich liebe, so etwas wünschen?

Das Gefühl einer nächtlichen Unterzuckerung, bei der mich mein Körper panisch mit Alarmsignalen aufweckt und mir sagt „Beweg dich, sonst stirbst du!“. Das Gefühl, wenn ich zitternd und verängstigt vom Überlebensinstinkt ferngesteuert in die Küche schleppe und sämtliche Schokomüsli-Vorräte aufesse. Auch das Gefühl am nächsten Morgen, wenn ich mich wie vom LKW überfahren aus dem Bett quäle. Ausgetrocknet und verkatert, weil mein Körper so viel mitmachen musste. Seelisch im Eimer, frustriert und verzweifelt, weil ich mal wieder vollkommen übertrieben auf die Hypo reagiert und mich nun in eine Hyper bugsiert habe. Nein – das ist ganz sicher nichts, was man einem geliebten Menschen wünscht.

Blogwoche

Aber dennoch: Ich glaube, dass es für Timo manchmal auch unheimlich schwer ist, eben keinen Diabetes zu haben. Nicht zu wissen, wie sich das wirklich anfühlt. Die körperlichen und seelischen Symptome zu kennen, aber nie selbst erlebt zu haben.

Versteht mich nicht falsch: Ich könnte mir keinen besseren Typ F wünschen. Timo weiß bestens über Diabetes Bescheid – ermutigt und motiviert mich jeden Tag und hilft mir so viel er kann.

Manchmal fungiert er sogar als Diabetes-Warnhund und spürt noch vor mir, dass mein Zucker zu hoch oder zu niedrig ist. Er bringt mir dann entsprechend Wasser oder Saft und kümmert sich um mich. Er setzt meine CGM- und FGM-Sensoren und erinnert mich ans Messe. Auf Reisen trägt er immer die Hälfte meines Diabetes-Equipments auf seinem Rücken. Nachts schaut er auch hin und wieder auf’s Display und korrigiert wenn nötig selbst mit der Pumpe. All das ist für mich eine unendliche Erleichterung, die ich ihm nicht hoch genug anrechnen kann! (Timo, wenn du das liest: DANKE! <3)

Und doch sind da die Momente, in denen man den Unterschied merkt. Wenn ich mich doch nicht verstanden fühle. Wenn ich glaube, er erwartet zu viel von mir. Wenn ich bockig bin und seine Hilfe nicht annehmen will oder kann. Manchmal platzt dann doch ein gemeines „Du weißt doch gar nicht, wie das ist!“ aus mir heraus.

Er fühlt mit mir – aber er fühlt eben nicht das, was ich fühle. Wie frustrierend muss das sein? So viel wie möglich helfen zu wollen, aber immer wieder gegen diese Wand zu rennen? Eben doch nicht „Mitglied im Club“ zu sein? Das Leben als Typ F ist sicher nicht leicht!

Ich selbst habe den Diabetes erst mit 17 bekommen und mich somit von Anfang an alleine darum gekümmert. Aber ich habe absolute Hochachtung vor all den Dia-Mamas und Dia-Papas da draußen, die sich Tag und Nacht um ihre Kids mit Diabetes kümmern. Mit einigen bin ich in Kontakt – wir schreiben hin und her, wenn sie nachts den Blutzucker kontrollieren, Hypos behandeln oder sich einfach nur um die Zukunft ihrer Kleinen sorgen.

Wie gerne würden sie ihren Kindern die Last des Diabetes komplett abnehmen? Und wie gerne wüssten sie einfach nur wirklich, wie es sich anfühlt? Ich stelle mir das unglaublich schwer vor und bin immer wieder beeindruckt von der Leistung, die diese Eltern erbringen. Hut ab!

Ich wünschte, diese tollen Menschen könnten sich den Diabetes wirklich einmal einen Tag lang ausleihen. Um endlich wirklich zu verstehen, wie es sich anfühlt und um endlich diese Mauer zwischen Mensch mit und Mensch ohne Diabetes einzureißen.

Danke an euch Typ Fs da draußen!

Leider geht das nicht. Vermutlich ist das auch gut so. Statt dessen sage ich einfach noch mal DANKE an meinen Timo und an alle Typ Fs da draußen, die sich ein Bein ausreißen, um uns das Leben mit Diabetes zu erleichtern. Und ich schwöre hoch und heilig, Timo nie wieder dieses biestige „Du weißt nicht wie das ist, du hast doch selbst keinen Diabetes“ an den Kopf zu klatschen. Ehrenwort!

Es sei denn, ich bin unterzuckert. Dann kann ich für nichts garantieren. Aber das weiß er eh! 😉

Blogwoche

 

 

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